Das Enneagramm: Ein Spiegel für dein Sein und Werden

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Was würdest du zu einem Spiegel sagen, der dir dein grundlegendes psychologisches Muster zeigen würde? Und der dir darüber hinaus auch noch einen Entwicklungsweg aufzeigen würde, wer du werden kannst?

Ich blickte 2020 zum ersten Mal in diesen Spiegel und ich erlebte dabei eine eigenartige Mischung als Faszination, Scham und Erschrecken. Ich erkannte mein Muster. Und der Spiegel zeigte mir auch, wer ich mit diesem Muster in einer erlösteren und vollständigeren Version sein könnte

Ich finde diesen Spiegel – das Enneagramm – äusserst faszinierend und ermutige dich gerne, dich tiefer damit auseinanderzusetzen. Hier bekommst du eine Einführung. Weiter unten findest du Youtube-Videos und Buchempfehlungen.

Das Enneagramm: Ein Werkzeug mit mystischer Vergangenheit

Heute scheint niemand mehr so genau zu wissen, wo das Enneagramm ursprünglich herkommt. Einige sagen, es stamme von den Sufis. Andere argumentieren, dass es schon von den christlichen Wüstenvätern eingesetzt wurde. Wieder andere sehen Wurzeln in der jüdischen Kabbala.

Einig ist man allerdings, dass es über Jahrhunderte – oder gar Jahrtausende – mündlich überliefert wurde. Einig ist man sich auch, dass es in seiner langen Geschichte hauptsächlich ein Werkzeug für die eigene spirituelle Entwicklung war. Besonders in den mystischen Traditionen schien das Enneagramm als Spiegel und Entwicklungsweg eingesetzt worden zu sein.

Die Ursprünge des neuneckigen Enneagramm-Symbols sind in Geheimnisse gehüllt, was daran liegen mag, dass alle es betreffenden Lehren bis zur heutigen Generation nur mündlich vermittelt wurden. Im Westen erschien das Enneagramm zuerst um die Wende des zwanzigsten Jahrhunderts in der Lehre des armenischen Mystikers Georg Iwanowitsch Gurdjieff, der behauptete, es in der Sarmoung-Bruderschaft, einer mystischen Vereinigung Zentralasiens, studiert zu haben

Das Enneagramm stammt aus einer Zeit, als die Psychologie noch gar nicht erfunden war und «Psychisches» nicht getrennt von «Spirituellem» gedacht oder empfunden werden konnte. Psycho-Logie war daher ganz selbstverständlich eine Domäne der jeweiligen Theo-Logie. Und das, was heutzutage in einer Psychotherapie geschieht, war in der langen Tradition des Enneagramm eine Domäne der Priester, Seelsorger und spirituellen Lehrer.

«Es ist das grosse Geschenk des Enneagramms, dass es den Knoten des Ego sehr genau beschreibt. Unser Schwert ist achtsames Gewahrsein, und das Enneagramm zeigt uns den Knoten, den es zu durchtrennen gilt. Auf diese Weise ist Erleuchtung oder Selbsterkenntnis möglich. Das Enneagramm enthüllt, wie wir uns fälschlicherweise mit dem Ich als physischen, emotionalen und mentalem Körper identifiziert haben.»

Das Enneagramm kann uns helfen, unsere Selbstwahrnehmung zu läutern, schonungslos ehrlich gegenüber uns selbst zu werden und immer besser zu unterscheiden, wann wir nur unsere eigenen inneren Stimmen und Prägungen hören und Gefangene unserer Vorurteile sind

Modell mit neun Mustern

Das Enneagramm wird mit neun Punkten dargestellt. Jeder Punkt repräsentiert dabei ein Muster, das auch Enneatyp genannt wird.

Hier in aller Kürze eine Übersicht. Wenn du dein Enneatyp noch nicht kennst, empfehle ich dir eines der beiden Bücher zu lesen, die ich dir weiter unten empfehle. Wenn du die umfangreichen Beschreibungen durchliest, wirst du ein besseres Gefühl für die verschiedenen Muster bekommen.

  • Der Perfektionist (Enneatyp 1): Strebsam, kritisch, selbstkritisch.
  • Der Helfer (Enneatyp 2): Fürsorglich, hilfsbereit, bedürfnisorientiert.
  • Der Erfolgstyp (Enneatyp 3): Ehrgeizig, leistungsorientiert, selbstbewusst.
  • Der Individualist (Enneatyp 4): Kreativ, emotional, introspektiv.
  • Der Denker (Enneatyp 5): Intellektuell, beobachtend, zurückhaltend.
  • Der Loyalist (Enneatyp 6): Treu, ängstlich, verantwortungsbewusst.
  • Der Enthusiast (Enneatyp 7): Unternehmungslustig, optimistisch, ablenkbar.
  • Der Herausforderer (Enneatyp 8): Durchsetzungsstark, selbstsicher, direkt.
  • Der Vermittler (Enneatyp 9): Friedfertig, bequem, harmonieorientiert.


Bei den meisten Menschen hilft diese kurze Auflistung überhaupt nicht, um das eigene Muster zu erkennen. Sie ist viel zu knapp und allgemein formuliert. Wenn du dich vom Enneagramm angesprochen fühlst, lege ich dir ans Herz, ein Buch dazu zu lesen. Am meisten übers Enneagramm habe ich aber in Workshops und Panels gelernt. Vielleicht liegt es an seiner Tradition als mündlich überliefertes Werkzeug: Ich finde, am eingängisten und klarsten ist es im direkten mündlichen Austausch. Vielleicht gibt es sowas in deiner Nähe?

Wie das Enneagramm mein Leben verändert hat

Mein Muster ist die 9. Ich liebe Harmonie und Frieden. Ich bin schnell zufrieden und brauche sehr wenig. Deshalb bin ich auch bequem. Und ich vergesse auch manchmal, was mir wichtig ist. Warum sich anstrengen, wenn man doch schon zufrieden ist?

Vor den Blick in den Spiegel des Enneagramms war es für mich ein wichtiges Ideal: Easy going. Immer zufrieden. Bescheiden. Friedlich. Nur keine Schwierigkeiten machen.

Und dann lehrte mich das Enneagramm, dass der Entwicklungspunkt für Menschen mit dem Muster 9 das Muster 3 ist.

Menschen mit dem Muster 3 haben wahrscheinlich nicht die Zeit, sich mit dem Enneagramm auseinanderzusetzen. Zumindest habe ich bei den zahlreichen Treffen und Workshops zum Enneagramm noch nie jemand mit Muster 3 getroffen (alle anderen Muster aber schon). Menschen mit dem Muster 3 sind ehrgeizig, leistungsorientiert, selbstbewusst – und haben ein Ziel. Sie arbeiten hart und haben wohl nicht so viel Interesse an Selbsterkenntnis.

Ich hatte mein Leben lang nie ein richtiges Ziel. Ich lebte von Tag zu Tag, lernte, meditierte, schrieb und arbeitete. Und ich träumte auch viel. Aber die grosse Fähigkeit der Menschen mit dem Muster 3, nämlich sich Ziele zu setzen und dann konsequent daran zu arbeiten, das war mir völlig fremd.

Das ist mein grosses Learning aus dem Enneagramm: Für mich mit meinem Muster ist es heilsam, ein Ziel zu haben. Dafür zu arbeiten. Mich zu zeigen. Daher kommt auch die Motivation, überhaupt eine Webseite mit diesem Blog zu machen. Menschen mit der Fixierung 9 zeigen sich nämlich nicht gerne. Sie sind am liebsten unscheinbar und bescheiden. Ohne das Enneagramm würde ich jetzt wahrscheinlich lesen und mich dabei auch etwas verstecken.  

Das heisst aber nicht, dass das Muster 3 besser ist als das Muster 9. Kein Muster ist besser, als das andere. Jedes Muster hat seine Fallstricke und Schwierigkeiten.

Menschen mit dem Muster 3 haben dann beispielsweise die Schwierigkeit, dass sie sich selbst verlieren. Dass sie manchmal gar nicht mehr wissen, warum sie erfolgreich sein wollen. Ihnen ist nicht bewusst, dass ihr Erfolg oft einfach eine Kompensation ist. Sie möchten sich vielleicht wertvoll fühlen und denken, dass sie dafür erfolgreich sein müssen.

So hat jedes Muster einen Entwicklungspunkt. Und auch einen Stresspunkt. (Der Stresspunkt ist ein weiteres spannendes Thema.)

Und dann die Flügel (die beiden Punkte neben dir). Einer ist stark, der andere schwach. Ich habe gelernt, den schwachen Flügel bei mir zu stärken und auch mal meine Wut nach aussen zu richten.

Wenn dich das Muster 9 interessiert, findest du weiter unten noch mehr Informationen dazu.

So habe ich durch das Enneagramm viel darüber gelernt, wer ich bin und wer ich werden kann.

Und wie ist es mit dir?

Kennst du dein Muster schon? Würdest du gerne über dein Muster sprechen? Dafür eignet sich eine Kombination aus Enneagramm und Focusing. Schreibe mich dazu gerne für an. Es gibt die Möglichkeit für ein Coaching in Heidelberg oder auch online.

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Bucherempfehlungen

  • Das Enneagramm. Die 9 Gesichter der Seele von Richard Rohr und Andreas Ebert.
  • Das spirituelle Enneagramm von Eli Jaxon -Bear
  • Für Fortgeschrittene: Neun Portraits der Seele von Sandra Maitri

Videos

Weitere Videos siehst du auf der Webseite von Hans Neidhardt, meinem ersten Lehrer fürs Enneagramm.

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