Auf dieser Webseite findest du einige Fallberichte aus meiner Praxis. Die Gründe warum Menschen zu mir kommen, mögen auf den ersten Blick sehr unterschiedlich aussehen. Im Kern geht es aber immer darum, in besseren Kontakt zu sich selber zu kommen und Heilung und Transformationen von innen her zu erfahren. Durch die raumgebende Präsenz und der Orientierung am Prozess,. wie er sich von innen her entfaltet, zeigen sich vielfältige Themen. Diese Fallberichte zeigen Beispiele, wie man in Dialog mit dem eigenen Sein kommen kann, um körperliche, emotionale, energetische Herausforderungen zu bearbeiten
Rahel hatte schon mehrere Focusing-Coachings bei mir über die letzten Jahre. In dieser Sitzung erzählte sie, dass sie sich mehr Leichtigkeit wünschte. Sie ist beruflich sehr erfolgreich, hat zwei erwachsene Kinder und ein Haus.
Am Anfang der Sitzung geht es darum, die Absicht für die Sitzung einigermassen griffig zu formulieren, um dann damit arbeiten zu können. Rahel erzählte mir von einigen Ereignissen, bei denen es in ihrem Leben gerade nicht voller Leichtigkeit ist – sondern schwierig, festgefahren und schwer. Dieses Sprechen «über etwas» ist wichtig für den Anfang. Um dann einen neuen inneren Schritt machen zu können, braucht es aber das Sprechen aus der direkten Erfahrung.
Und dazu braucht es den Kontakt zum inneren Erleben und zum Felt Sense. Um diesen Kontakt leichter zu bekommen, gibt es im Focusing den Schritt von Freiraum schaffen.
Ich leite dann die Klientin an, ihr Thema für einen kurzen Moment auf die Seite zu stellen, Freiraum zu schaffen und Kontakt mit dem Körper aufzunehmen. Dafür leite ich eine kurze Zentrierungsübung an. Dadurch, dass man sich an dieser Stelle einige Minuten Zeit nimmt, um die innere Achtsamkeit zu kultivieren und den Kontakt zum Körper und zum Spürbewusstsein zu stärken, kann der folgende Prozess viel tiefer werden.
Enge im Bauch
Nach dieser kurzen Zentrierungsübung fragte ich Rahel: «Was geschieht jetzt in dir, wenn du an das Thema Leichtigkeit denkst?»
Rahel sagte, dass es im Bauch eng werden würde. Sie zeigte auch auf die Stelle.
Ein wichtiger Aspekt von Focusing ist das Verlangsamen und Zeit lassen. Rahel war in ihrem Spürbewusstsein und es entstand eine Enge im Bauch. Ich liess ihr Zeit, dem nachzuspüren.
Und dann fragte ich: «Wie ist es denn für dich, diese Enge im Bauch zu spüren?»
Und Rahel antwortete: «Dann entsteht ein Bild von einem Anteil, der gebückt ist und sagt: ‘Das wäre ja zu schön! Du träumst wohl’»
Hier kamen wir in Kontakt mit einem inneren Anteil. Dieser innere Anteil hielt offenbar nicht viel von Leichtigkeit und stellte sich in den Weg. Eine wichtige Grundlage in meinen Coachings ist es, auch den Widerstand zu sehen und anzuerkennen. Weil dieser Anteil gleich am Anfang des Prozesses kam, war er wohl sehr wichtig. Damit wir besser mit ihm arbeiten konnten, fand ich es wichtig, ihn näher kennenzulernen:
«Wie sieht denn dieser Anteil aus?»
«Er ist eigentlich kein richtiger Mensch. Eher so ein Strichmensch.»
Damit Rahel prüfen kann, ob ihre Formulierungen zum inneren, gespürten Wissen passen, spreche ich die wichtigen Stellen wortwörtlich zurück. So kann sie ihre eigenen Wörter nochmal hören und prüfen, ob sie wirklich mit ihrem Felt Sense übereinstimmen. Das verlangsamt auch den Prozess und erlaubt, dass sie beim direkten inneren Erleben bleiben kann. Um gut mit dem Spürbewusstsein in Kontakt zu sein, schliess Rahel auch gelegentlich die Augen.
«Ah, das ist kein richtiger Mensch. Eher so ein Strichmensch», gab ich ihr zurück. «Was siehst du sonst noch?»
«Er ist grau. Wie aus Blei».
Die Ebenen miteinander verweben
Um den Prozess reichhaltiger zu gestalten, ist es auch wichtig, das gespürte Erleben mit dem Denken zu verweben.
Ein gutes Mittel dafür ist, einer Erfahrung oder einem inneren Anteil einen Namen zu geben. Dadurch können die Ebenen von Spüren, Fühlen und Denken miteinander verwoben werden. Dazu fragte ich: «Wenn dieser graue Strichmensch einen Namen oder einen Titel hätte, wie wäre dieser?»
Darauf war einige Zeit Stille. Die Stille ist meist ein sehr fruchtbarer Moment, da hier etwas Neues entstehen kann. Rahel war in Kontakt mit ihrem gespürten Wissen und suchte nach dem passenden Namen zu ihrem Felt Sense.
«Irgendwie sowas wie Lost»
Wieder mit dem Anliegen kreuzen
Nachdem Rahel diesen «Lost» gut gespürt hat und ihn einordnen konnten, war es an der Zeit, ihn wieder mit dem ursprünglichen Thema in Beziehung zu setzen:
«Wie geht es dir denn, wenn du dir vergegenwärtigst, dass beim Thema Leichtigkeit sofort dieser graue Lost kommt?»
Rahel sagte, dass ihr jetzt gerade bewusst wird, dass sie gerade mit einigen Menschen zu tun hat, die wie dieser Lost sind. Irgendwie kommt sie immer wieder an diese Lost-Typen und dann wird es schwierig, anstrengend und festgefahren.
Das war wichtig. Hier gab es einen Bezug zum Anfang unserer Sitzung, wo sie von Ereignissen sprach, die aufzeigten, wo es in ihrem Leben gerade nicht voller Leichtigkeit ist – sondern schwierig, festgefahren und schwer. Und jetzt wussten wir, dass es dabei ein Muster gab.
«Wie sind denn diese Lost-Typen?»
«Die denken nur an sich. Von ihnen kommt nichts zurück.»
Auch hier gab ich ihre Wörter zurück und wartete.
Rahel suchte weiter nach den richtigen Wörtern:
«Die sind so starr und unbeweglich»
Und sie fand immer mehr: «Unempathisch. Fragen nicht, wie es mir geht. Kooperieren nicht.
Die Leichtigkeit entdecken
Nachdem wir uns eine ganze Weile noch weiter mit diesen «Lost-Typen» auseinandergesetzt haben und Rahel klar wurde, in welchen Situationen es mit welchen Menschen schwierig, festgefahren und schwer wurde. Das waren wichtige Erkenntnisse für mehr Leichtigkeit. Und es schien mir an dieser Stelle auch wichtig, wieder das ursprüngliche Thema dazuzuholen.
Auch wenn diese Sitzungen sehr prozessorientiert sind, gibt es gleichzeitig auch eine Zielorientiertheit. Wir wollten ja herausfinden, wie Rahel mehr Leichtigkeit erfahren konnte.
«Wenn du wieder deinen Körper als Ganzes wahrnimmst und dabei an die Leichtigkeit denkst – gibt es da noch einen anderen Anteil in dir?»
«Ja. Licht»
Dieses Licht war einfach präsent. Es sprach nicht, hatte keine Geschichte. Das war eine wertvolle Ressource und wir kanntes es bereits von früheren Sitzungen. Ich liess Rahel Zeit, dieses Licht und die Qualität davon zu spüren.
Dann begann Rahel von einer Arbeitssituation zu sprechen, die voller Leichtigkeit war:
«Da kam ein Klient und wir machten eine Übung zusammen. Ich leitete eine Übung an, die ich schon lange kenne und habe sie mit etwas Neuem kombiniert, das ich gerade in einer Weiterbildung gelernt habe. Er hatte eine grosse Erkenntnis.»
Ich frage: «Ist dort diese Leichtigkeit, die du suchst?»
«Ja, genau. Das ist die Leichtigkeit».
Die Leichtigkeit aus einer konkreten Erfahrung heraus erforschen
Auch hier war der Prozess mit Blick nach innen zum Spürbewusstsein und dementsprechend verlangsamt. Es kam implizit gewusstes Wissen an die Bewusstseinsoberfläche, wo es integriert werden konnte. Wir hatten nun eine konkrete Situation, wo die Leichtigkeit erfahrbar war. Diese konnten wir erkunden. Ich fragte:
«Wie ist denn diese Leichtigkeit mit diesem Klient gewesen? Was hat die Leichtigkeit ausgemacht?»
«Die Leichtigkeit entsteht, wenn es Raum gibt und ich etwas anstossen und dann schauen kann, was passiert. Wenn etwas zurückkommt und ich dann anpassen kann. Wenn ich Spielraum und Möglichkeiten habe.»
Ich fragte: «Gibt es noch andere Situationen, in denen diese Leichtigkeit da war?»
«Ja. Kürzlich führte ich einen Workshop für eine Universität durch. Nicht für die Studentinnen, sondern die Professorinnen. Wir haben dann spielerische Übungen gemacht. Alles war voller Leichtigkeit und alle Professoren haben mitgemacht. Es war so leicht – und ich bekam sehr gute Rückmeldungen.»
Nach einer Pause erzählte sie weiter: «Das ist wichtig. Für den Lost ist wichtig, dass die Ergebnisse stimmen. Wenn die Ergebnisse stimmen und die Klienten zufrieden sind, darf es auch leicht sein».
Wir blieben noch eine Weile bei der Erforschung der Leichtigkeit. Und Rahel erkannte, wo die Leichtigkeit schon geschehen konnte und welche Bedingungen dafür präsent sein dürfen.
Alle Namen sind abgeändert.